Grundeinkommen auf Gemeindeebene

Ich bin angetan von der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens (nachfolgend BGE) und gehöre zu jenem Viertel, welches an der Abstimmung vom 5. Juni 2016 ein überzeugtes "Ja" in die Urne gelegt hat [1].

Wieso hat es nicht geklappt?

Meiner Meinung nach eines der grössten Probleme, welches einer nationalen* Einführung im Wege stand, war das Abschätzen der Folgen und Risiken.

*: in der Initiative heisst es in etwa: "Der 'Bund' sorgt für die Einführung eines Grundeinkommens, das der 'gesamten' Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht."

Unterwegs im Jura

Ein paar Wochen nach der Abstimmung bin ich mit Kollegen in ein Bike-Wochenende im Jura aufgebrochen. Unterwegs haben wir lebhaft über diverse Themen diskutiert, so auch über das BGE und die kürzlich durchgeführte Volksabstimmung. Wir haben uns gefragt, was uns Schweizer davon abgehalten hat, die Initiative anzunehmen und kamen auf die Ungewissheit und das Risiko zu sprechen.

Ein anderes Thema unterwegs war der Umgang mit Abhängigkeiten in der Softwareentwicklung (Stichwort: "Dependency Inversion Prinziple" [2]). Als Ingenieur bin ich es gewohnt, grössere schwierige Probleme in keinere überschaubarere Einheiten aufzuteilen.

Was kommt heraus, wenn man die Systematik aus dem Engineering auf das BGE anwendet? Was wäre, wenn eine Gemeinde selber bestimmen könnte, ob und in welcher Form sie ein BGE einführte? Könnte man damit die eingangs erwähnten Problem entschärfen? Darüber führten wir eine lebhafte Debatte und die Idee eines BGEs auf Gemeindeebene war geboren.

Einige Gedanken aus der Diskussion

Motivation:
  • Was im Grossen funktionieren soll, muss im Kleinen erst Recht funktionieren.
  • Das föderalistische System der Schweiz wäre eigentlich prädestiniert für ein BGE auf Gemeindeebene.
Vorteile:
  • Risiko wird auf kleinere Einheiten aufgeteilt
  • Selbstbestimmung einer Einführung, Finanzierung und Verantwortung liegen bei der Gemeinde
Herausforderung:
  • Nationale Institutionen sowie Regeln und Gesetze können kommunal nicht einfach ignoriert oder umgangen werden.
  • Es gibt Sozialwerke wie die ALV, die national (Gesetz) resp. kantonal (Behörde) geregelt sind. 
Wünsche:
  • Ein BGE kann jeweils fürs kommende Jahr budgetiert und an einer Gemeindeversammlung beschlossen werden.
  • Es sollte möglich sein, die Höhe eines einmal eingeführten BGEs anzupassen oder es gar wieder ganz auzuheben.
Fragen:
  • Könnte eine Gemeinde trotz den erwähnten Herausforserungen ein BGE einführen?
  • Welche Voraussetzungen müssten auf nationaler und kantonaler Ebene erfüllt sein, damit eine Gemeinde selber in der Lage ist, ein Grundeinkommen einzuführen?
  • Was könnte getan werden, um die Möglichkeiten für eine Einführung auf Gemeindeebene zu verbessern?
  • Wäre dies z.B. für eine reiche Gemeinde auch ohne diese Voraussetzungen möglich (d.h. indem man von der Idee eines kostenneutralen BGE abweichen würde)?
  • Welche Möglichkeiten könnte eine Gemeinde bereits jetzt für die Finanzierung nutzen?
  • Wie kommt die Gemeinde an den Sockelbetrag der arbeitenden Einwohner, damit das Grundeinkommen monatlich ausbezahlt werden kann?
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DE | EN
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Kommentare

  1. Knackpunkt wird wohl die Finanzierung bleiben: Alle wollen vom GE profitieren, also werden sich wohl vermehrt Menschen in Gemeinden mit GE niederlassen. Wie soll die Gemeinde das bezahlen? Durch erhöhte Steuereinnahmen von Privatpersonen? Das wär ja ein Nullsummenspiel. Dann bleiben noch Einnahmen von erhöhten Unternehmenssteuern. Das würde die Unternehmen wohl veranlassen, in die Nachbargemeinde ohne GE umzusiedeln.
    Ich glaub darum, das bl GE kann nur in einem grossen, aber einigermassen abgegrenzten Wirtschaftsraum durch einen Systemwechsel eingeführt werden.

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  2. Vielen Dank für den Input. Meine Meinung dazu: Wenn man das Problem auf Gemeindeebene nicht im Griff hat, wird es auf nationaler Ebene mit den angrenzenden Ländern erst recht nicht aufgehen. Deshalb müsste man klein anfangen und Fakten mit überschaubaren Risiken schaffen, die zeigen was tatsächlich passiert und die man ggf. wieder rückgängig machen könnte, wenn es schief geht.

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