Unser Exzess

Zweiklassengesellschaft?

Das Problem, dass wir in der Schweiz zu viele Ressourcen verbrauchen, z.B. im Bereich Mobilität, ist hauptsächlich verschuldet durch unsere im internationalen Vergleich durchschnittlich sehr hohe Kaufkraft [1]. Nur deshalb können wir uns Auswüchse wie SUVs in den Städten in diesem unverschämten Mass überhaupt leisten. Ich bin daher der Meinung, die Freiheit, sich solches leisten zu können, sollte dringend gesetzlich (z.B. durch ein Verbot) oder durch massive finanzielle Anreize (Lenkungsabgabe auf Benzin, Fahrzeugtyp o.ä.) unterbunden werden.

Dem Scheinargument, dass z.B. durch eine Benzinpreiserhöhung eine Zweiklassengesellschaft geschaffen würde, möchte ich mit der folgenden Frage entgegentreten: Lebten wir vor dreissig Jahren in einer Zweiklassengesellschaft?

Falls nicht, so ist das Scheinargument als solches entlarvt. Denn früher verfügten wir durchschnittlich noch über weniger Kaufkraft. Deshalb bewegten wir uns mit weniger stark motorisierten Fahrzeugen und daher ressourcenschonender als heute [2]. Also ist die Angst einer Zweiklassengesellschaft unbegründet.

Falls doch, in welchem Mass hatten wir in der Schweiz eher eine Zweiklassengesellschaft als heute? Ist es nicht so, dass es Ungleichheit auch damals bereits gab, sie aber einfacher zu akzeptieren war, weil im Gegensatz zu heute die Schere zwischen Arm und Reich viel weniger weit offen stand?

Der blinde Fleck | Was wäre, wenn es jeder tut?

Heute leben wir als Schweizer*innen den Exzess und sind völlig blind dafür. Blind weil es eine Mehrheit tut und daher der Eindruck entsteht, es sei normal und völlig ok (z.B. berufsbedingt wöchentlich mit dem Flugzeug nach London zu pendeln oder eben mit einem SUV durch unsere Städte zu düsen). Welch ein Irrtum! Es wäre ok, wenn wir dieses Recht jedem Menschen auf der Welt zugestehen würden. Das tun wir aber nicht, weil es nicht funktionieren würde.

Aber genau an diesem globalen Massstab – Was wäre, wenn es jeder tut? – müssen wir unsere individuellen Entscheidungen messen. Dafür gilt es Verantwortung zu übernehmen. Ein einfacher Test: Kann ich den Spiegel schauen ohne rot zu werden? In was für einer Welt möchte ich leben?

Wem Gerechtigkeit und Fairness ehrlich etwas bedeutet, kommt nicht umhin, sich diese Fragen zu stellen, sich daran zu orientieren und seine Entscheide aufgrunddessen abzuwägen. Aktuell existiert eine Zweitklassengesellschaft, aber meiner Meinung nach ungleich viel mehr zwischen der Schweiz und den Nationen als innerhalb. 

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[1] Inputreferat: 2050 Netto-Null – was bedeutet das für den Verkehrssektor? | Andrea Burkhardt, BAFU | 26.11.2020 | Kulturpark Zürich | Anlass: Zug statt Flug: Mehr als eine klimafreundliche Alternative? (umverkehR-Fachtagung 2020)
[2] Der ökologische Fussabdruck der Schweiz (08.12.2020)

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